Inhalt
|
Die Motivation
Nach meinem ersten Halbmarathon (HM) am 24. April 2005 in Nürnberg schlief
wegen vieler anderer Aktivitäten und mangels eines neuen Zieles meine erst kurz
vorher entflammte Laufbegeisterung wieder ein wenig ein. Mit dem Blick auf die
Waage am Silvester-Abend 2005 reifte aber der Entschluss, wieder deutlich mehr
zu tun. Außerdem hatte ich bereits 2 Wochen vorher über die Firmen-Laufgruppe "Lucent-Runners"
für 2006 meinen Teilnahmewunsch an zwei ganzen Marathons angemeldet. Nürnberg
stand bereits Ende April auf dem Programm, es wurde also ohnehin Zeit etwas zu
tun. Nach den 1:44:08 beim HM in Nürnberg plante ich, mit ähnlich
autodidaktisch-moderatem Trainingsaufwand eine Zeit unter 4 Stunden erreichen zu
können.
Unverzagt begann ich, mein sogleich begonnenes Trainingsbuch mit Morgengewicht,
Kilometern, Laufzeiten und Pulsfrequenzen zu füllen. Mitte Januar kam dann die
Absage des Nürnberg-Marathons wegen abgesprungener Sponsoren und zugleich das
Angebot, dafür am 14. Mai 2006 in Würzburg beim iWelt-Marathon anzutreten.
Dieser Termin passte mir ohnehin besser, so dass ich sogleich darauf einging.
Auch der trockene und (noch) schneearme Winter kam meinem intensivierten
Trainingsbemühungen sehr entgegen, was sich auch in purzelnden Pfunden bemerkbar
machte: nach 3 Monaten war ich ca. 6 kg Fett, v.a. aus Bauch, Hüfte und
Oberschenkeln los.
Der Lauftreff
Anfang Februar 2006 ließ ich mich dann auch mal bei den "Nordostpark-Runners",
einem
Lauftreff im Nürnberger Nordost-Park (immer dienstagabends um 18.30 Uhr),
blicken. Sogleich wurde ich von Mario Wallrath, unter dessen Regie das Ganze
schon eine Weile lief, begrüßt, beäugt, befragt und lauftechnisch "geprüft".
Nach ein paar für mich lockeren Kilometern meinte er, dass in mir wohl mehr
Potential als "nur" für eine Zeit von 4 Stunden stecken würde. Wörtlich: "Da
musst Du aber den Picknick-Korb mitnehmen!" Gleichzeitig versprach er, mir ein
paar Trainingsempfehlungen vorzubereiten.
Doch damit änderte sich mein Läuferdasein komplett und nachhaltig. War ich zu
diesem Zeitpunkt eher auf dem Trip "irgendwie wirst Du mit etwas Training,
Willen und Ehrgeiz schon die 4 Stunden packen", so eröffnete sich mir nun eine
völlig neue Welt und Sicht auf Trainingspläne und Methodik. Immer wieder wurden
die Vorgaben auf den erreichten Trainingsfortschritt angepasst. Trotzdem ist mir
immer noch schleierhaft, warum ich an einem bestimmten Tag eine bestimmte und
immer wechselnd lange Strecke mit einem auch für mich nicht vorhersehbaren Tempo
oder wechselnd strukturierten Tempo-Intervallen laufen sollte, aber irgendwie
hatte ich das Gefühl, dass Mario schon wusste warum. Da ich noch nie so
trainiert hatte, nahm ich das Ganze sehr ernst und begann, mich mental mit einer
Zielzeit von unter 3:30:00 anzufreunden, auch wenn ich immer noch sehr skeptisch
war.
Auf Marios Empfehlung hin ("ich brauche ein paar Referenz-Zeiten") nahm ich in
der Vorbereitung auch an einem 10km-Wettkampf und 2 Halb-Marathons teil, die mir
jedes Mal, gemessen an meiner Ausgangsbasis und ursprünglichen Zielvorstellung,
überraschende gute Zeiten bescherten: 10km beim
Dreifrankenlauf in Burghaslach am 25.3.06 in 40:11, HM beim Frühjahrsmeeting
in Großenseebach am 2.4.06 in 1:31:07, HM in Geiselhöring am 23.4.06 in 1:30:09.
Dies bestärkte mein Vertrauen in Marios Trainingsmethodik und meinen Willen,
weiter zu trainieren.
Die ersten Probleme
Natürlich blieben auch Rückschläge nicht aus. Nach einigen Wochen des stark
intensivierten Trainings spürte ich besorgniserregende Schmerzen, zuerst im
rechten Knie, dann viel stärker im linken. Ich legte 3 Tage Pause ein,
konsultierte einen Arzt, um eine Verletzung ausschließen zu können, und kaufte
mir letztendlich ein zweites Paar Laufschuhe, das ich seitdem abwechselnd
benutze. Den Tipp habe ich auf verschieden Lauf-Seiten im Internet gefunden und
kann dies nur empfehlen. Damit war dann auch das geplante Wochenende mit
Superkompensation gerettet, das für Ostern (15./16.4.06) anstand. Ich sollte am
Tag nach einem langen Lauf von ca. 35km mit einem Tempo von 5 Minuten pro km
nochmal 10km im Maximal Tempo von ca. 4 Minuten pro km laufen.
Nach einer weiteren Woche mit fast 100 Trainingskilometern, begann dann Anfang
Mai die ruhige Phase der Vorbereitung. Diese war neben ein paar Tempospitzen vor
allem einer Spezial-Diät zum Erhöhen des Kohlenhydratspiegels geprägt. Die
Theorie dazu klingt zwar logisch -- erst wird der Speicher innerhalb von 3 Tagen
komplett geleert, damit er sich dann wie ein Schwamm wieder (über-)voll saugt --
aber ein bisschen Placebo-Effekt ist da sicher auch dabei. Aber auch dass ließ
ich, genüsslich nur Quark, Käse und Würstchen verspeisend, über mich ergehen.
Am Samstagmittag gab es noch mal satt Nudeln mit Tomatensoße und abends nach dem
erfolgreichen Auftritt mit dem Gesangsverein dann noch 2 nette Bierchen, nur der
Kohlehydrate wegen ;-). Leider wurde aus dem frühen zu-Bett-gehen nichts, da
sich "die junge Vereinsgarde" noch spontan zu einem Ständchen in der Stammkneipe
einfinden sollte. Nach einem weiteren "Pflicht-Bierchen" und ein paar leichten
Häppchen kam ich dann endlich gegen 1.30 Uhr ins Bett.
Der Lauf
Dann war es endlich soweit. Die Vorgabe von Mario war, den Lauf in je 4:50
pro km anzugehen und dann hinten raus evt. noch etwa zu steigern. Damit war eine
Zielzeit von ca. 3:24:00 anvisiert.
Um 5 Uhr riss mich der Wecker unsanft aus dem Schlaf: ich wollte lieber etwas
zeitiger vor Ort sein, um nicht auch noch Zeit beim Parkplatz-Suchen und
Startunterlagen-Abholen zu verlieren. Der von Mario verordnete Liter Wasser ging
nur mühsam in mich hinein, die 1 1/2 Brötchen mit Marmelade und Honig samt
Kaffee schon besser. Den "Picknick-Korb" für die "Zeit-Verlängerung" auf 4
Stunden ließ ich allerdings zu Haus. Die Fahrt auf der ungewöhnlich leeren A3
ging schnell. Wir (Frau und jüngste Tochter waren mit dabei) erreichten Würzburg
gegen 7 Uhr bei leichtem Regen. Schauer waren angesagt, aber sollten nachlassen.
Nach der wartezeitfreien Abholung der Startunterlagen inspizierten wir das
Gelände einschließlich Start- und Zielbereich. Die Schlangen an der Ausgabe der
Startunterlagen quollen inzwischen aus dem Messe-Zelt, aber auch der Regen hatte
aufgehört. Sorgen bereitete mir nur noch der morgendliche Liter Wasser, da mich
wohl v.a. deswegen die Dixies immer noch nicht so richtig "riefen". Einer der
letzten Trainingsläufe mit rumorendem Bauch hatte mir sehr anschaulich den zu
erwartenden Leistungsabfall verdeutlicht. Ich lief mich etwas warm, ging um 8.30
Uhr zum verabredeten Foto-Termin der Lucent-Runners unter der Friedensbrücke, zu
dem sich aber nur 4 Personen einfanden.
|
Ein Teil der Lucent-Runners vor dem Start |
Nach dem Schnappschuss bekamen dann auch die Dixies den noch ausstehenden
wichtigen Besuch, auch wenn ich noch immer nicht ganz mit dem Ergebnis zufrieden
war.
Beim Start stellte ich mich relativ weit vorn an, da ich gern von Anfang an mein
eigenes Rennen laufen wollte. Neben mir stand eine Läuferin, die auch etwas
unter 3:30 laufen wollte (bisherige Bestzeit 3:24), so das wir uns auf eine
gemeinsames Loslaufen verständigten. Der Startschuss war gut zu hören, die
kenianischen Spitzenläufer habe ich aber während des ganzen Rennens nicht zu
Gesicht bekommen. Nach dem von mir schon gebremsten und durch langsamere Läufer
weiter verzögerten ersten km in 4:11 versuchte ich langsam Tempo herauszunehmen,
was mir auch zunehmend gelang. Allerdings waren wir immer noch deutlich
schneller als die geplanten 4:50/km. Während der ersten Kilometer unterhielt ich
mich sehr nett mit meiner neuen "Laufpartnerin", die aus Schongau angereist war. |
Bei Kilometer 7 fröhlich schwatzend |
Die 10km passierte ich trotzdem locker trabend und "schwatzend" in 44:40, fast 4
Minuten schneller, als geplant. Ich äußerte bereits zu diesem Zeitpunkt, dass
wir uns auf eine Zielzeit um 3:10:00 zu bewegten. Immer wieder passierten wir
Bands und applaudierende Zuschauer, die ich auch auch immer lächelnd zurück
grüßte. |
KM 17 Trommler unter der alten Mainbrücke |
Ungefähr ab km 10 nahm ich immer mal wieder ein Stück Banane zu mir, auch das
war eine Lehre aus einem der langen Trainingsläufe. Bei km 12 ging es leicht
bergab und ich ließ mich treiben. Dieses Tempo erschien mir deutlich
angemessener, weshalb ich es dann auch weiter bei hielt, mich aber auch von
meiner "Laufpartnerin" zunehmend entfernte und sie nicht mehr wieder sah.
Nach einigen verwinkelten Schleifen durch die Innenstadt mit 3-maligem
"Fototermin" bei Frau und Tochter (die inzwischen am 1km-Bambini-Marathon mit
Platz 8 von 26 in AK W8 schon erfolgreich teilgenommen hatte)
näherte ich mich der HM-Distanz, die ich knapp unter 1:33 passierte. |
Unter der alten Mainbrücke |
In der Würzburger Altstadt |
In der Würzburger Altstadt |
Auch in der Folgezeit lief ich zumeist ganz allein und konstant Zeiten um
4:20/km. Ab km 25 spürte ich zunehmend die beginnende Fettverbrennung in den
etwas schwerer werdenden Beinen. Ab km 32 wurde dann die mentale Komponente, die
zum Durchhalten motiviert, zunehmend wichtiger. Ich hätte nichts dagegen gehabt,
wenn das Ziel schon bei km 38 gestanden hätte, zumal sich meine linke Wade
zunehmend verspannte. Ich hatte auch bereits mehrere Läufer überholt, denen wohl
Krämpfe zusetzten. km 38 erwies sich mit 4:52 auch als langsamster km überhaupt.
Aber irgendwie ging es immer weiter, an ein Aufgeben war auch angesichts der zu
erwartenden Endzeit ohnehin nicht zu denken. |
KM 39 noch mal Abklatschen vor dem Schwenk in die
Innenstadt |
Um einem möglichen Krampf in der Wade entgegen zu wirken, wollte ich noch ein
isotonisches Getränk zu mir nehmen, fand aber am nächsten Stand neben Wasser nur
RedBull. In der Annahme, dass dies sicher auch hilft, nahm ich einen kräftigen
Schluck. Kaum 100m später bereute ich das aber sehr, da ich nur knapp verhindern
konnte, dass mein Magen auf Umkehrbetrieb schaltet. So bleibt neben ein paar
verlorenen Sekunden für mich v.a. die Frage, ob "aufgelöste Gummibärchen" ein
wirklich sinnvolles Laufgetränk sind (ich habe später die ausliegenden
Broschüren gelesen, werde aber trotzdem sicher nie wieder zugreifen).
Leider war ich etwas zu schnell für den abgesprochenen gemeinsamen Zieleinlauf
mit meiner kleinen Tochter, die noch nicht richtig bereitstand. Das Ziel
erreichte ich trotzdem lächelnd mit erhobenen Armen bei ca. 3:08:40 (es erwies
sich später als 3:08:31 mit Gesamt-Platz 137 und Platz 39 in der AK M40).
Angesicht dieser für mich echten Hammer-Zeit (mehr als 50 Minuten schneller als
ich noch im Januar geplant hatte), waren die insgesamt erstaunlich geringen
Strapazen schnell vergessen. Ein leichtes Stechen im linken Knie erinnerte mich
an vergangene Probleme, flaute aber schnell wieder ab. Ich holte mir ein
(alkoholfreies) Ziel-Weizenbier und genehmigte mir, wartend auf die SMS mit der
offiziellen Endzeit, auch noch eine wohltuende Massage der Beine. |
Massage im Ziel |
Zielttrunk mit Altstadtblick |
Nach dem Umziehen schlenderten wir noch kurz über den Zielbereich und dann
entlang der Stecke zur Innenstadt, wo wir ab 14 Uhr bei Kaffee und Kuchen
noch den letzten Läufern zuwinkten. Wenn man so will, habe ich dann also
doch noch mein "Picknick" an der Marathonstrecke gehabt, aber so war es
mir deutlich lieber.
Dass ich innerhalb von nur ca. 18 Wochen eine solche Zeit erreichen
konnte, erscheint mir immer noch unglaublich. Irgendwie müssen Marios
Trainingsvorgaben mir erlaubt haben, wirklich das Optimum aus mir
herauszuholen. Nüchtern betrachtet, war ich mit 8 Minuten über meiner
HM-Bestzeit durchaus in der allgemein üblichen Planungs-Bandbreite, aber
jeden Gedanken daran hatte ich immer als Hirngespinst abgetan.Der Dank
Resümierend möchte ich also v.a. Mario Wallrath für die perfekte
Vorbereitung danken. Auch wenn ich am Ende seinen Wettkampf-Vorgaben nicht
so exakt gefolgt bin, habe ich doch auf einen anderen wichtigen Rat von
ihm gehört: "Höre in Dich hinein, auf Deinen Körper." Und der hat mir
irgendwann gesagt: "Mir geht es bestens, lauf schneller!" Falls Mario mal
ein Buch über Trainingspläne und -methoden schreiben sollte, werde ich
sicher einer der ersten Käufer sein.
Mein Dank gilt aber auch den anderen Läufern der "Nordostpark"- und "Lucent"-Runners,
allen voran Wolf-Dieter Walter, aber auch dem Zno und anderen, die in den
vielen Trainingseinheiten mit mir zusammen gelaufen sind und so das Ganze
für mich erheblich angenehmer und interessanter gestaltet haben. Auch den
Organisatoren und der Helferschar des Würzburg-Marathons gebührt mein Dank
für die perfekte Vorbereitung und Durchführung des Laufes. |
Links
E-Mail
an Holger Pampel
|
|