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Running
Laufmagazin
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Vor dem Start
Finster sind die Wolkenmassen zwar nicht, aber ein
undurchdringliche Hochnebeldecke verdeckt den Blick zum freien Himmel und
somit auch den Blick zum heutigen Vollmond, der in knapp zwei Stunden
aufgehen soll. Er verdeckt mir aber nicht den Blick auf all die werten
Laufkameraden, die ich treffe, als ich die Startunterlagen für den ersten
winterlichen Vollmondmarathon bei der Frankenalbtherme Hersbruck abhole. |
Links Laufautor Werner Sonntag |
Von eisiger Temperatur abgeschreckt starten heute nur gut 80 Teilnehmer. Das ist
zwar nur ein kleines Häufchen von dem, was sich sonst so bei einem renommierten
Marathon an Teilnehmern so verzeichnen lässt. Aber wer genauer auf die
Starterliste blickt, wird sehen, wer so alles von der Laufprominenz der
Marathonszene und ganz besonders der Ultraszene vertreten ist. Da findet sich
nicht nur der renommierte Laufbuchautor
Werner
Sonntag sondern auch so Ikonen des Ultralaufs und Extremläufer wie der
Transeuropasieger Robert Wimmer, der "Australien-Bezwinger"
Achim Heukemes, die 1200 fache
Marathonfinisherin Sigrid Eichner, weitere Transeuropaläufer,
Yukon
und Les Sables Finisherin Angela
Ngamkam und viele weitere interessante Laufpersönlichkeiten. Die heutigen
Temperaturen sind so frostig, dass ich glatt die Pressekonferenz im Startbereich
im Freien in der warmen Cafeteria verschwitze. Derweil rätsle ich, wie man die
selbst leuchtenden Neonbändchen, die spöttische Münder auch als
"Leuchtspaghetti" titulieren, tragen soll. Laut der tiefroten
Marathonbeschreibung soll jeder verpflichtet sein diese zu tragen.
Es sind nur noch wenige Minuten bis zum Start um 15:17. Diese
komische Zeit wurde deshalb so gewählt, weil laut komplexer astronomischer
Berechnungen in Hersbruck am heutigen Tage just eine exakte Stunde später der
Vollmond aufgehen soll. |
Langsam sammeln sich die Starter des Marathons |
Derweil ist aber noch heller Tag und ein kalter dazu. Soll ich
doch noch ein zusätzliches dünnes Laufshirt unter der dünnen Laufjacke anziehen?
Mir wird es doch immer so schnell warm! Ein stetes gedankliches Hin und Her. Bei
diesem inneren geistigen Disput gewinnt schließlich die "Ich will nicht
frieren" - Fraktion die Oberhand. So eile ich schnell zu meinem Auto - es ist
ein Subaru, der Laufshirt-Sponsor der Veranstaltung, einer großen deutschen
Automarke zugehörig, möge mir verzeihen. Ich zieh noch ein zusätzliches Shirt
an.
Ich bin gerade dabei das zusätzliche Shirt überzustreifen, als
mich ein Mitstreiter fragt, ob ich nicht ein paar Sicherheitsnadeln übrig hätte.
Auch das noch! Als hätte ich so knapp vor dem Startschuss nicht andere Sorgen.
Aber man soll ja Gutes tun und so erweise ich mich als Samariter, als ich auf
die Schnelle aus dem Nirgendwo drei Sicherheitsnadeln hervorkrame, die ich wohl
heute entbehren kann. |
Gleich geht's los! |
Dabei spielt sichtlich vergnügt Martin Linek mit seiner Startpistole herum.
Während Sarah von Radio Nürnberg professionell und charmant das Geschehen
moderiert, zielt Martin mit seinen Revolver nicht minder professionell gen
Himmel, als hätte er sein Lebtag nichts anderes getan.
Nur wo bleibt der von allen in dieser Kälte heiß ersehnte Knall? |
Martin Linek zielt gen Himmel: Gleich wird der Startschuss
fallen! |
Der Start
Der Knall bleibt aus. Nichtsdestotrotz erfolgt der Start
trotzdem pünktlich. Vielleicht hat auch jemand einfach "Peng!" gesagt. Aber das
habe ich dann überhört, da ich fotografisch voll mit dem immer dramatischen
Geschehen eines Marathonstarts beschäftigt bin.
Martin Linek der OK - Präsident steht auf so einem schönen Podest. Da muss
ich mich dazugesellen. So kann ich von diesem erhöhten Platz schön das
Startgeschehen fotografieren, bevor ich mich dann auch zur Startlinie bequeme
und diese als eine der letzten Läufer überquere. |
Es folgen die weiteren Läufer |
Der Lauf
Aber wo ist nun der Vollmond? Ach ich Dummkopf, er geht erst in
einer Stunde auf! Aber egal, wegen der Hochnebeldecke werden wir ihn ohnehin
nicht sehen.
Das Wetter ist bitterkalt und es regt sich kaum ein Lüftchen. Da
könnte ich doch mal etwas schneller laufen! Das hätte auch den Vorteil, dass es
mir bei dieser sibirischen Temperatur wärmer wird.
Kilometer eins passiere ich trotz einiger Fotopausen nach 4:57
Minuten. Wow, bin ich schnell!.
Allerdings erfahre ich von Mathias, der ein Messgerät mitführt, dass der erste
Kilometer offensichtlich nur gute 900 Meter lang war. Ach, Mathias Du
Spielverderber!
Trotz dieser Enttäuschung halte ich mein Tempo. Beim zweiten
Kilometer scheint dann auch die Entfernung zu stimmen. Dabei bemerke ich, dass
ich heute gut drauf bin. Einzig stört mich die kalte Luft, die ich einatmen
muss.
Hinter Kilometer Drei kommt mir schon der momentan Führende
Robert Wimmer entgegen. Es kommen weitere Rennhasen entgegengelaufen. Toll, sind
die schnell!
Das ist der Vorteil einer Wendestrecke. Man sieht bekannte Gesichter von
Mitstreitern, die schneller oder langsamer sind. |
Hier kommen uns bereits die führenden Läufer
entgegengelaufen |
Schließlich darf auch ich wenden. Sind wir bislang von Hersbruck passend zu
einem Lauf Richtung Lauf gelaufen, laufen wir - nein natürlich nicht Richtung
Marathon - sondern Richtung Pegnitz das schöne Pegnitztal talaufwärts. Links und
rechts von uns erheben sich die Gipfel der
Hersbrucker Schweiz. Wegen der trüben Aussicht verlieren sie sich heute
leider im Hochnebeldunst. So hat diese Strecke durchaus ihre landschaftlichen
Reize, wenn auch die Strecke selbst ziemlich flach und damit schnell ist. |
Winterliche Stimmung im schönen Pegnitztal |
Da Martin Linek auch ein Freund von Landschaftsläufen ist, hat er wohl bewusst
eine Feld- und Wiesenpassage mit eingebaut, damit die Liebhaber des Crosslaufes
auf ihre Kosten kommen. Sicher hat das nachher bei der Nachtrunde in der
Dunkelheit den einen oder anderen Straßenläufer nicht so sehr erfreut. Aber, wer
schon mal in
Biel bei
Nacht und Regen den Ho Chi Minh - Pfad gelaufen ist, hat für so was nur ein
müdes Lächeln übrig. |
Elke Czermin, die bei den Damen Zweite wird, hat auch für
die einzige Crosspassage ein Lächeln übrig |
Auf Irrwegen ins Ziel
Bis Kilometer 11 geht alles aalglatt, obwohl die Wegweisung
etwas zu wünschen übrig lässt. Aber man kann sich gut an der Wegweisung der
Nordic Walking Strecke von Hersbruck orientieren.
Aber wie so oft, wenn alles zu glatt geht, lässt eine unangenehme Überraschung
nicht lange auf sich warten.
Ich liege für meine Leistungsklasse wirklich Klasse in der Zeit
und habe bereits Läufer überholt, die ich sonst nicht überhole. Das könnte eine
neue persönliche Marathonbestzeit werden.
Gut gelaunt lass ich mir an der zweiten Verpflegungsstelle einen Becher Wasser
reichen. Super, sogar mit Eiswürfeln drin. Da wurde an die überhitzten Läufer
gedacht. Au nein, das Wasser ist durch die Kälte fast zum Eisklumpen gefroren.
Dann doch lieber einen heißen Tee nehmen. Ich wechsle noch mit Martin Linek ein
paar Worte, da er als Veranstaltungschef hier gerade nachschaut, ob alles in
geordneten Bahnen verläuft und sich auch keiner verläuft.
200 Meter dahinter gabelt sich der Weg. Die roten Schilder der
Nordic Walkingstrecke weisen nach links.
Vor mir und hinter mir kein Läufer, den ich nach seiner Meinung fragen könnte.
Ich will doch nicht vom rechten Weg abkommen! Trotz alledem, rechts kann nicht
sein, das rote Schild weist nach links. Ich will Bestzeit laufen, da muss man
Mut zum Risiko haben und kann nicht die Zeit vergeuden und noch mal 200 Meter
zurücklaufen, um dann ausgelacht zu werden, wenn man nach den Weg fragt.
Also links!
Kurz dahinter muss ich eine Straße überqueren und werde fast von
einem Auto überfahren, das von einer nicht einsichtbar Kurve von links heran
geschossen kommt. Diese Stelle hätte man aber absichern müssen! Wieder eine
Weggabelung. Das rote Schild weist wieder nach links. Ich überlege, wir haben
über 11 km hinter uns, also müssen wir wieder Richtung Hersbruck laufen. Da muss
der linke Weg Richtung Hersbruck stimmen. Wie zur Bestätigung meiner Vermutung
sehe ich ganz weit vorne vor mir ein paar laufende Gestalten. Ich muss also
richtig sein!
Die Kilometermarke 12 ist nun schon seit zwei Minuten
überfällig. Ich muss sie übersehen haben. Aber die Kilometermarkierungen waren
doch bislang so gut sichtbar! Es kommen wieder erste Zweifel auf. Vor mir laufen
aber die drei Läufer unbeeindruckt weiter. Dann muss ja alles in Ordnung sein!
Kilometer 13 ist nun auch schon seit zwei Minuten überfällig. Oh
je, ich glaub wird sind alle die falsche Richtung gelaufen. Außerdem müssten
schon die ersten schnellen Läufer uns entgegen kommen, wenn wir wie beschrieben
eine Wendestrecke laufen. Von einer Schlaufe in der Strecke war nicht die Rede.
Was nun machen? Nein, umkehren will ich jetzt auch nicht mehr. Ich lege eine
Sprint zu den anderen dreien ein und muss feststellen, dass die drei eingeholten
Laufkameraden genauso ratlos sind wie ich.
Wir beschließen nun einfach die Nordic Walking Strecke
weiterzulaufen. Irgendwie werden wir schon nach Hersbruck kommen. Ich frage eine
Spaziergängerin, ob der Weg wirklich nach Hersbruck geht. Zu meiner Freude kann
sie die Frage bejahen.
Nach einer Laufzeit von 1 Stunde und 17 Minuten erreichen wir
alle die Halbmarathonmarke. Natürlich ernten wir erstaunte Blicke und Fragen:
"Was macht denn ihr schon hier?"
"Wir haben halt in letzter Zeit etwas mehr trainiert als sonst!", hätte ich am
liebsten geantwortet.
Aber ich gestehe, dass wir uns alle hinter der zweiten Verpflegungsstelle
verlaufen haben.
Mathias hat aber zum Glück einen Entfernungsmesser dabei. So beschließen wir
einfach eine zusätzliche Wendestrecke zu laufen, damit das mit der
Marathondistanz so in etwa hinhaut. Eine persönliche Bestzeit will ich aber nun
nicht mehr laufen, weil ich die dann als korrekter Läufer nicht als solche
zählen könnte. Also nehme ich Tempo raus. Einer der Verirrten namens Gerald
sieht das auch so. Wir beschließen nun die restlichen 26 Kilometer
zusammenzubleiben, da so was mit gegenseitiger Unterhaltung mehr Spaß macht, als
nach dieser herben Enttäuschung 26 Kilometer griesgrämig durch die Eisnacht zu
laufen.
Allmählich finden wir Spaß daran die verdutzten Gesichter der
Fotografen, Zuschauer und entgegenkommenden führenden Läufer zu ernten, die sich
darüber wundern wie solche "Laufschnecken" plötzlich so weit vorne sein können.
Nach unserer Strafschleife, um wieder auf die Marathondistanz zu
kommen, hat dieser Spaß zwar sein Ende, aber dann sind wir beide in so
interessante Laufgespräche vertieft, dass uns das alles mittlerweile egal ist.
Nun können wir uns auch an jeder Trinkstelle viel Zeit lassen und reichlich
Verpflegung fassen und mit den halb erfrorenen Helfern aufmunternde Worte
wechseln. |
Nächtlicher Vollmondtrunk beim Vollmondmarathon. Rechts von
mir mein Laufkamerad Gerald Schuman.
Wo ist nur der Vollmond? |
Da wir langsam laufen, holen uns nun viele Läufer ein. Denen
können wir dann auch immer wieder unser bisheriges Laufabenteuer schildern.
Kurzum, seit unserem Irrlauf ist
Genusslauf pur angesagt und für einen solchen ist Dank der reichlichen
Verpflegung und der interessanten nächtlichen Laufstimmung genügend Gelegenheit
vorhanden.
Jenseits der 30 Kilometermarke bin ich den Veranstaltern sogar
dafür dankbar, dass ich nun nicht mehr aufs Lauftempo drücken muss.
Bei der nächtlichen Runde fällt dann übrigens die Orientierung
deutlich besser aus, da man sich nun an den ausgelegten Leuchtstäbchen
orientieren kann. Dennoch laufen wir noch ab und zu ungewollt einen kleinen
Umweg bis wir die Leuchtstäbchen missen. Das hat aber dann den Vorteil, dass wir
so sicher auf unsere Marathondistanz gekommen sind und getrost diesen Marathon
in unserer persönlichen Laufstatistik mitzählen dürfen.
Bei Kilometer 37 holen zwei Bekannte von Gerald uns ein. So
laufen wir nun zu viert. Da einer von ihnen meint seinen Autoschlüssel an einer
bestimmten Stelle vor uns verloren zu haben, laufen Bernd und Gerald voraus,
während ich nun mit Andrea eine neue Gesprächspartnerin habe.
Ins Gespräch vertieft stolpere ich trotz Lauflampe, die ich vor
kurzen erst angemacht habe über irgendwas hartes. Ich weiß weder ob es ein Stein
oder gefrorener Maulwurfshügel war. Aber ich stürze immer weiter nach vorne,
während ich noch hoffe mich irgendwie wieder fangen zu können. Das geht wohl
über eine Strecke von 5 - 10 Meter bis ich endlich im Dreck lande. Wenn das
jemand auf Film gebannt hätte, wäre es sicher ein Lachschlager geworden. Aber so
ist Andrea die einzige Zeugin des Vorfalls. Sie fragt mich besorgt, ob bei mir
noch alles heil sei. Nach eingehender Überprüfung aller Knochen und Sehnen kann
ich die Frage bejahen und weitgehend problemlos weiterlaufen. Nur der Schreck
steckt mir in den Gott Lob noch intakten Gliedern.
Bei der Feld- und Wiesenpassage parieren wir dann auch vom
Lauftrab in den Schritt, während ich mich über all meine Stürze im
Reitsport auslasse.
Dennoch bin ich nun der Meinung: Da soll nochmals einer sagen Reiten sei
gefährlich und das Laufen nicht!
Es ist nun nicht mehr weit bis zum Ziel. Da die letzten 26
Kilometer recht gemächlich waren, bleibt noch die Kraft für einen kleinen
Aufgalopp bis zur Ziellinie, die ich vor Freude wiehernd zusammen mit Andrea
überquere.
Wegen so mancher abenteuerlichen Einlage kam zumindest bei mir
keine Langweile auf. Ich hoffe beim geneigten Leser dieses Berichtes auch nicht.
Im Ziel gibt es heiße Getränke und leckeren Kuchen. Den
Apfelkuchen hat der "Chef" sogar selbst gebacken, wie mir versichert wird. Bei
welchen Marathon gibt es denn so was noch?
Da es aber nun doch recht kalt wird, flüchte ich in die Frankenalbtherme, in die
wir kostenlos rein dürfen. Das Sprudelbad und weitere Finessen tun den
geschundenen Marathongliedern richtig gut.
Nach dieser Wellnesskur komme ich gerade noch rechtzeitig zu
Siegerehrung, die leider wegen fehlender Räumlichkeiten in der Kälte draußen
stattfinden muss. |
Sarah von Radio Nürnberg interviewt den Sieger Rene Strosny |
Trotz der einen oder anderen Kinderkrankheit, die sich bei der
Folgeveranstaltung ohne weiteres ausmerzen lässt, endet überselig diese
Marathonnacht ... |
Links
Offizielle Website
des Vollmondmarathons
Interessante Website über den Vollmond |
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